Das ausgiebige Feiern des 60. Jahrestags des Elysée-Vertrags lag uns als Französischlehrer*innen der RSSN besonders am Herzen und so haben wir recht kurz entschlossen eine Deutsch-Französische Woche ausgerufen.
Neben klasseninternen Aktivitäten (gemeinsames Erstellen eines Quiz, Ausrichten eines deutsch-französischen Buffets…) haben viele Schüler: innen in Kleingruppen oder auch allein, Logos/Bilder zur Deutsch-Französischen Freundschaft entworfen und gemalt (Klassen 2-8). Die älteren Schüler: innen haben sich schriftlich, in Form von Referaten, Fragen, Redewendungen oder Wortsammlungen sowie auch Gedichten und Texten, Gedanken zu Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der beiden Länder und über die Deutsch-Französische Freundschaft gemacht.
Nach mehreren Michelin Sterne-reifen Buffets mit leckeren Croissants, Baguettes, Pains au chocolat, selbstgebackene Crêpes, Mille-feuilles, Îles flottantes, Crèmes brûlées, mousses au chocolat, Salzstangen, Brezeln und natürlich reichlich Käse sowie der künstlerischen Umsetzung des Themas für die Ausstellung im Bistrobereich, hatten die Schüler: innen eine neue Begeisterung für unser Nachbarland Frankreich entwickelt.
Am Ende der semaine franco-allemande wurden dann, durch das Lehrerkollegium, 60 Kunstwerke zur amitié franco-allemande prämiert und mit Gutscheinen für ein Pain au chocolat oder eine Brezel in unserem Bistro honoriert.
Durch das Begehen des Jahrestages des Élysée-Vertrags konnten alle nach dieser bunten und interessanten Woche gut nachvollziehen, wie wichtig eine friedliche und respektvolle Beziehung zum Nachbarland ist, und wie trotz einer wechselvollen Vergangenheit zwei Länder (wieder) zueinander gefunden haben.
Aber was ist eigentlich der Élysée-Vertrag? Am 22. Januar 1963, also nur 18 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges mit Millionen von Opfern auf beiden Seiten, unterzeichneten die damaligen Regierungsoberhäupter Frankreichs und Deutschlands, Charles de Gaulle und Konrad Adenauer, das Dokument, das Wunden schließen und Wege weisen sollte. Beide waren entschiedene Gegner des Nationalsozialistischen Hitler-Regimes gewesen, de Gaulle sogar einer der wichtigsten Anführer der Résistance, der Befreiungsbewegung Frankreichs gegen die deutsche Besatzung. Vor der Besiegelung des Vertrags hatten beide das jeweils andere Land besucht, vor allem auch die Schauplätze der schlimmsten Geschehnisse des Krieges, der nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) und dem Ersten Weltkrieg (1914-18) schon der dritte in Folge war, und der beiden Nationen viel Leid und Verlust beschert hatte.
Der Vertrag beinhaltete handfeste Vereinbarungen für eine Kooperation auf mehreren Ebenen: regelmäßige Treffen zwischen den Regierungschefs, den Minister: innen sowie Absprachen in wichtigen Fragen der Außen-, Europa-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik, später auch der Wirtschaft und Forschung (Erweiterung durch den Vertrag von Aachen 2019 zwischen Merkel und Macron) sowie eine ausgiebige Jugendarbeit.
Letztere nahm Gestalt an durch die Gründung des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW, www.dfjw.org) – Office Franco-Allemande pour la Jeunesse (OFAJ), welche durch Sprachkurse, Austauschprogramme und Treffen junge Menschen aus beiden Sprach- und Kulturkreisen zusammenbringt. Dies war Adenauer und de Gaulle besonders wichtig, was auch die Rede de Gaulles vor deutschen Jugendlichen in Ludwigsburg am Ende seiner Deutschlandreise 1962 illustriert.
Inzwischen haben 8 Millionen junge Franzosen und Deutsche an 300 000 Programmen des DFJW teilgenommen und so die Brücke zwischen beiden Ländern geschlagen. Sie eröffnen sich damit neue Horizonte und verschaffen sich den Schlüssel zu einer anderen Kultur, lernen Fremdes zu akzeptieren und zu schätzen und werden damit zu weltoffeneren, neugierigen, toleranten und selbstbewussteren Menschen.
Darüber hinaus entstanden bis heute 2 200 Städtepartnerschaften zwischen beiden Ländern, darunter diejenige zwischen Nizza und Nürnberg, die rege gepflegt wird.
Dass die Europäische Union auch auf diesem starken Fundament der beiden wichtigsten Gründungsmitglieder fußt, ist der jungen Generation nicht mehr so bewusst, daher war uns dieser Blick zurück in die jüngste Geschichte sehr wichtig. Eine Urlaubsreise ohne Grenzkontrollen oder ein ERASMUS-Stipendium sind heute fast schon selbstverständlich.
Aber es gibt natürlich auch heute immer wieder neue Herausforderungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Frankreich und Deutschland, wie aktuell zur Energie- oder zur Sicherheitspolitik, sodass Diskussionen nicht ausbleiben – aber immer mit dem Bemühen für alle Seiten akzeptable Lösungen oder Kompromisse finden zu wollen und dem Bewusstsein, gemeinsam stärker zu sein.
Als Französisch-Fachschaft freuen wir uns jedenfalls sehr über den Bestand dieser Freundschaft und ermutigen hiermit die jungen Lerner: innen in Frankreich und Deutschland, weiter fleißig Deutsch bzw. Französisch zu lernen – auch wenn beide Sprachen nicht ganz einfach sind! Bon courage!
Daten-Quelle: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (www.lpb-bw.de/elysee-vertrag)
Kathrin Rottmann (L), Tanja Eberhardt (L)