Ein Beitrag von Doris Schürer zum Flötenkonzert am 3. Mai 2025 um 17.00 Uhr im Festsaal (siehe auch AKTUELLES > KALENDER)
Wohl wenigen Instrumenten haftet ein solch negatives Image an wie der Blockflöte.
Für mich war sie – wie sicher für viele meiner Altersgenossen — das erste Instrument, auf dem ich die elementaren Grundlagen der Musik kennenlernte. Das geschah ganz freiwillig; denn auf der staatlichen Grundschule, in die ich 1958 eingeschult wurde, gab es Blockflötenunterricht in der Gruppe, der von der beliebtesten Lehrerin der Schule erteilt wurde. Da ich nicht das Glück hatte, in ihrer von allen Kindern beneideten Klasse gelandet zu sein, war ich stolz wie Bolle, wenigstens zum erwählten Kreis der Blockflötengruppe zu gehören.
Da meine musikalisch sehr begabte alleinerziehende Mutter nur über geringe finanzielle Mittel verfügte, blieb die kleine Sopranflöte für eine Weile mein einziges Instrument. Mit dem Wechsel aufs Gymnasium konnte dann das von mir ersehnte Klavier angeschafft werden, und da die ebenfalls sehr von mir verehrte junge Klavierlehrerin auch Blockflöte unterrichtete, bekam ich eine Altblockflöte und lernte neben dem Klavierspiel ganz spielend leicht auch dieses Instrument.
In meinen Teenagerjahren war es dann allerdings sehr uncool, mit der Blockflöte daherzukommen und ich war froh, wenigstens ein paar Akkorde auf der Gitarre spielen zu können; auch für spätere Vertretungsstunden in der Schule war dies von großem Nutzen.
Als ich nach Studium und Waldorflehrerseminar dann 1979 an der Rudolf Steiner-Schule in Nürnberg als Klassenlehrerin mit den Nebenfächern Englisch und Musik zu unterrichten begann, wurde die Blockflöte für mein ganzes fast 40jähriges Berufsleben zur treuen Begleiterin.
Das tägliche Singen und Flöten gehörte fortan zum festen morgendlichen Ritual. Neben der Absicht, den Schülern eine fundierte musikalische Grundausbildung zukommen zu lassen, geschah dies in erster Linie wegen des in vielen wissenschaftlichen Studien nachgewiesenen positiven Effekts, die das gemeinsame Musizieren auf die soziale und kognitive Entwicklung von Kindern hat.
Wer zur Waldorfcommunity gehört, sieht sich ganz regelmäßig wiederkehrend mit Klischees konfrontiert, denen man – je nach Temperament – mit Ärger, Gleichgültigkeit oder Humor begegnet. Zu diesen gehören neben anderen die Behauptung, dass Waldorfschüler ihre Schulzeit in erster Linie mit Namentanzen, Stricken und Flöte zubringen.
Alle Vorurteile könnte ich aus meinem eigenen Erleben und mit den Ergebnissen objektiver wissenschaftlicher Studien entkräften. Ich fürchte aber, aufgrund tradierter Denkgewohnheiten wird beispielsweise der musischen Erziehung auch weiterhin nur der Wert eines nicht notwendigen, nur bildungsbürgerlichen Sahnehäubchens beigemessen, was letzten Endes auch in jüngster Zeit zu der nach meinem Dafürhalten skandalösen Streichung von musischen Fächern im Lehrplan der staatlichen Grundschulen geführt hat.
Bestimmt waren nicht alle meine Schüler begeisterte Sänger und Flötenspieler, aber sie haben bis zum Ende der achten Klasse erfahren, dass durch tägliches gemeinschaftliches Üben – ab Klasse 6 dann auch mit Tenor- und Bassflöten – eine Gemeinschaft entsteht, die nicht nur durch oftmals hilflose kognitiv-moralische Appelle herbeigeführt werden soll (z.B. „wir wollen doch alle Rücksicht aufeinander nehmen“), sondern die elementar durch den gemeinsamen Atemstrom täglich erlebt wird und sich in ihren technischen und musikalischen Fähigkeiten beglückend steigert.
Als ich 2015 in den Ruhestand ging, bedeutete dies zwar noch nicht das Ende meiner Unterrichtstätigkeit, da ich noch acht weitere Jahre Vertretungen übernahm, aber das tägliche gemeinschaftliche Musizieren fiel nun flach und konnte auch durch einsames häusliches Klavierspiel nicht kompensiert werden. Da war es ein wunderbarer Glücksfall, dass mich ein Vierteljahr nach dem Beginn des Ruhestandes meine langjährige Kollegin Dagmar Ricard fragte, ob ich nicht Lust und nun auch genügend Zeit hätte, sie zum Chor und zu einem Flötenensemble zu begleiten.
In beidem machen wir bis heute begeistert mit.
Das Flötenensemble unter der Leitung von Petra Menzl ist im Laufe der vergangenen zehn Jahre meiner Mitgliedschaft nun zu dem beachtlichen, rund 50 Mitglieder starken Flötenorchester „flautississimo“ herangewachsen und hat sich, was Anspruch und Repertoire betrifft, ebenfalls deutlich gesteigert. Während ich mich in den ersten Jahren auf meine langjährige Praxis im Flöten stützen konnte und so gut wie gar nicht übte, muss ich nun, um mithalten zu können, durchaus etwas tun; was einem im Alter ja physisch und mental keineswegs schadet.
Ein Gemeinschaftsprojekt von „flautississimo“ zusammen mit rund dreißig Mitgliedern des „blorsta“ Blockflötenorchesters aus St. Augustin führt mich nun flötenderweise wieder zurück an „meine“ Schule.
Im Namen unserer Orchesterleiterin Petra Menzl – zusammen mit rund 80 Flötenspielern – lade ich hiermit die ganze Schulgemeinschaft sehr herzlich zu unserer Flötensinfonie ein, die am Samstag, den 3. Mai 2025 um 17:00 Uhr im Festsaal der Rudolf Steiner-Schule aufgeführt wird. Einige Klassen werden bereits am Freitag, den 2. Mai im Rahmen unserer Generalprobe einen Ausschnitt aus unserem Programm zu hören bekommen.
Keine Sorge: es erwartet Sie keine Masse von ohrenbetäubenden Sopranflöten, sondern wir musizieren „pyramidal besetzt“, d.h. einige wenige hohe Stimmen werden von einer breiten Basis tiefer Flöten bis hinab zum Subbass und Subcontrabass getragen.
Viel Freude bei diesem sehr besonderen Event wünscht Ihnen
Doris Schürer