Weltdokument eines zwiespältigen europäischen Kulturerbes – der Behaim-Globus
Am 18. Mai 2023 traf der UNESCO-Exekutivrat die Entscheidung, den Behaim-Globus als älteste erhaltene Erddarstellung in Kugelform in das Weltdokumentenerbe aufzunehmen. Die feierliche Urkundenüberreichung durch Friederike Hansell, Leiterin der UNESCO-Koordinierungsstelle Welterbe im Auswärtigen Amt, fand dann am 16. Oktober 2023 im Rahmen eines Festaktes im und an das Germanische Nationalmuseum statt, zu welchem auch die Vertreterinnen und Vertreter der UNESCO-Schulen der Stadt Nürnberg geladen waren.
Den Inschriften zufolge gilt der Nürnberger Martin Behaim als Urheber, wenngleich der Globus wohl ein Gemeinschaftswerk unterschiedlicher Handwerker unter Anleitung Behaims war.
Mit seinen unzähligen Piktogrammen, Ortsbezeichnungen, Wappen, Abbildungen von Fabelwesen und exotischen Tieren sowie längeren Textteilen führt der Globus seinen Betrachtenden das geografische sowie historische europäische Wissen und Denken im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit vor Augen, zeugt von der perspektivischen Sicht der Menschen auf die Welt, aber gleichzeitig auch von dem Bedürfnis, sich zu dieser in Beziehung zu setzen und sie zu begreifen.
Der circa 1492-1494 geschaffene Globus umfasst noch nicht Amerika, wodurch er bei seiner Fertigstellung bereits überholt war und somit als Dokument des folgend grundlegenden Umbruchs im damaligen Verständnis der Welt zu sehen ist. Somit darf er aber auch vor allem als Mahnmal der europäischen Welteroberung gesehen werden, das uns daran erinnern sollte, dass sich die Geschichte der Entdeckungen nicht nur glanzvoll, sondern auch sehr düster gestaltet.
Dem GNM kommt nun die reizvolle und verantwortungsvolle Aufgabe zu, diesen Schatz zu beforschen und gleichzeitig zu bewahren, sodass er auch in weiteren 500 Jahren noch Antworten geben kann auf die dann vielleicht neu an ihn gerichteten Fragen und im Licht der dann auf ihn gerichteten Perspektive.
J. Wilpert (für das UNESCO-Team)
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