9. Februar 2024 um 19.00 Uhr im Rudolf und Clara Kreutzer-Festsaal der Rudolf Steiner-Schule Nürnberg
Mit dem Künstlerischen Abschluss der zwölften Klassen wagen wir dieses Jahr eine einzigartige Kombination: Schauspiel, Eurythmie und Bühnenbildkunst treffen sich in der Inszenierung eines Stückes. Dafür haben wir das dramatische Gedicht PEER GYNT von Henrik Ibsen ausgewählt. Es wurde 1867 in Oslo uraufgeführt und mutet daher an wie ein „alter Schinken“? „Von wegen“ sagen wir in der künstlerischen Leitung und inzwischen sind auch alle beteiligten Schüler und Schülerinnen überzeugt.
Es erzählt die Geschichte von Peer Gynt, einem jungen Mann aus Norwegen, der sich auf eine abenteuerliche Reise durch verschiedene Welten begibt, um seinen Platz im Leben zu finden. Die Handlung beginnt in einer norwegischen Dorfgemeinde, wo Peer als rebellischer Träumer bekannt ist. Er bricht die Konventionen mit einem „one-night-stand“, der heute unter jungen Städtern sehr beliebt ist, in der Dorfgemeinde jedoch zum Ausschluss Peers führt. So bleibt ihm nur die Flucht nach vorn. Doch ihm fehlt der moralische Kompass, der ihn vor weiteren Verführungen und zwielichten Begegnungen beschützt. Auch diese Situation ist heute nicht unbekannt, besonders für einen jungen Mann, der sich in seiner Männlichkeit erst beweisen muss.
Das Besondere an Ibsens Figuren wird an Peer sehr bald sehr deutlich: Er ist nicht einfach gut oder böse – und er ist auch nicht total verlassen. In ihm leben und weben die Fäden der christlichen Tradition, an die er sich jedoch nur erinnert, wenn er wirklich tief im Schlamassel sitzt. Und in ihm lebt ein Leitspruch: „Sei du selbst.“ Wie dieser Leitspruch überhaupt zu verstehen und auszuwickeln ist, hat ihn nie jemand gelehrt. Peer benötigt ein ganzes Leben dazu. Er muss viele Ego-Sünden begehen und ebenso viele Abenteuer bestehen, bis er begreift, dass er dem Leitspruch kein bisschen näher gekommen ist. Doch selbst Ibsen will seine Figur nicht gänzlich der materiellen Täuschung dieser Welt überlassen und führt die reine edle Solveigh in Peers Leben ein. Da trifft er also jemanden, die den inneren Kompass hat und die an seine Wahrhaftigkeit glaubt. Ob ihm das letzten Endes helfen wird, wenn die Stunde des Todes naht?
Kurzum, diese Suche eines haltlosen Kosmopoliten erscheint uns gar nicht alt, sondern frisch und aktuell. So als würde sie mit jedem Geschäftsreisenden, der sich per Flugzeug hinaus in die Welt bringen lässt, neu erzählt. Die Schüler und Schülerinnen der zwölften Klassen erkunden mit ihrer Inszenierung des PEER GYNT zeitlose Fragen wie die nach der eigenen Identität, dem erlaubten Maß an Egoismus und Hedonismus, die nach der inneren Moral und vor allem die nach einem Sinn im Leben.