In der Oberstufe erlernen die Schülerinnen und Schüler das selbstständige Urteilen in Erkenntnisfragen sowie eine wissenschaftliche Grundhaltung, die keinen vorgefassten Meinungen, Klischees oder vermeintlichen Forschungsresultaten ohne Prüfung der Fakten verfällt, sondern die vielmehr in der Lage ist, mit wacher Kritik distanziert und objektiv abzuwägen, um dann wohl begründete Urteile fällen zu können. Diesem Ziel dient ein phänomenologisch geprägter, nicht bloß definierender, sondern charakterisierender Unterricht, der den Schülerinnen und Schülern Raum für eigenes Denken lässt und der ihnen die Grundlagen bedeutender Gedankenmodelle und wissenschaftlicher Methoden vermittelt.
Statt eines Klassenlehrers übernimmt ab der neunten Klasse ein Klassenbetreuer die pädagogische und soziale Führung der Klasse. Das Prinzip des Epochenunterrichts wird beibehalten, jedoch werden die Epochenfächer nun von Fachlehrern unterrichtet: Im Hauptunterricht wechseln sich Deutsch, Geschichte, Mathematik, die Naturwissenschaften und Kunstgeschichte in drei- bis vierwöchigen Epochen ab.
Als Ausdruck des ganzheitlichen Ansatzes der Waldorfpädagogik bleiben die Fächer Eurythmie und der handwerklich-künstlerische Bereich Bestandteil des Oberstufenunterrichts. Ziel ist es, den ganzen Menschen zu fördern.
In der elften oder zwölften Klasse kann die Mittlere Reife Prüfung abgelegt werden. Mit einem Übertritt in die so genannte R-Klasse werden die Schüler intensiv auf die Abschlussprüfung vorbereitet. Die Klassen zwölf und dreizehn führen zum Abitur.
Eine weitere Besonderheit in der Oberstufe sind die Klassenspiele, – Fremdsprachenspiel in der 11. Klasse und Drama in der 12. Klasse – die im Unterschied zu anderen Schulen durch die ganze Klasse und nicht nur von Neigungsgruppen getragen werden. Hierbei wird sowohl der Zusammenhalt der Klassengemeinschaft als auch des Selbstbewusstsein der Schüler gestärkt.
Mit einer Reihe von Praktika wird den Schülern der Lernstoff des Unterrichts im praktischen Bezug vertieft. So fahren unsere Neuntklässler nach Dittenheim, wo sie an einem Forstpraktikum teilnehmen. Hier pflegen sie Biotope, Hecken, Obstbäume und Wiesen. Das Praktikum schließt sich als praktischer Teil an das Unterrichtfach „Gartenbau“ in der 6. und 7. Klasse an und bildet gleichzeitig die Vorstufe für das Landwirtschaftspraktikum in der 11. Klasse.
Im Vermessungspraktikum der 10. Klasse wird die Westseite der Hallig Hooge vermessen und kartiert. Die Trigonometrie findet hierbei ihre praktische Anwendung. Ebenso werden Präzision und Geschick im Umgang mit den Geräten erworben sowie Teamarbeit geübt.
In der 11. Klasse leben und arbeiten Schüler mehrere Wochen auf einem biologisch-dynamisch bewirtschafteten Bauernhof, um Einblicke in Naturzusammenhänge und ökologische Landwirtschaft zu bekommen.
Sozialkompetenzen sollen u. a. durch das Sozialpraktikum in der elften Klasse gestärkt werden. Dieses zweiwöchige Praktikum gibt den Schülern die Möglichkeit, hilfsbedürftigen Menschen in Pflegeeinrichtungen zu begegnen, zum Beispiel in der Betreuung von „behinderten“, alten oder kranken Menschen. Ein Hauptanliegen des Praktikums ist es, diesen Menschen in praktischer Arbeit zu helfen und im täglichen Kontakt ein tieferes Verständnis für sie zu entwickeln.
Zum Abschluss der kunstgeschichtlichen Architektur Epoche in der 12. Klasse findet eine einwöchige Kunstfahrt statt, bei der den Schülern die prägenden Stilelemente vor Ort nochmals gezeigt werden und der Lerninhalt vertieft wird. In den letzten Jahren fuhren die Klassen nach Krakau, Florenz oder Rom.